Bau und Eröffnung der Brexbachtalbahn Engers-Siershahn im Jahre 2009

als Teil der Unterwesterwaldbahn Engers - Altenkirchen und (Limburg-) Staffel-Siershahn.

1895 regte man ein schmalspuriges Eisenbahnprojekt vom Rheinhafen durch das Fehrbachtal nach Höhr-Grenzhausen, dort Abzweig nach Hillscheid und über Baumbach bis nach Wirges oder Leuterod sollte die Strecke führen.
In Hillscheid waren die keramischen Betriebe ebenfalls im Nachteil, die Frachten mit dem Fuhrwerk durch die steile Straße nach Höhr (die Höll) zur Bahnstation nach Höhr-Grenzhausen waren nicht mehr Rentabel. Die Gemeindevertreter und mit ihnen der Landrat Schmidt setzten sich für die Verlängerung der Bahnstrecke nach Hillscheid ein. Wie wir aus der Geschichte wissen, erhielt Hillscheid im Jahre 1911 den ersehnten Bahnanschluß. Diese Strecke sollte in einem weiteren Projekt bis nach Neuhäusel weitergeführt werden, was aber letztlich unterblieb. Wie so viele Eisenbahnprojekte scheiterte dieses an der Rentabilität oder an der Finanzierung.

1900 Konzession für das Kleinbahnprojekt in Meterspur von Vallendar nach Wirges. Diese Bahn wurde nicht gebaut. Dafür erhielt die Coblenzer Straßenbahn Gesellschaft 1905 die Konzession für den Bau einer elektrischen Straßenbahn nach Höhr, welche am 11. Mai 1907 eröffnet wurde. Die Verlängerung nach Grenzhausen erfolgte am 16. Juli 1910. Die Straßenbahn-Gesellschaft schloß ein Jahr später einen Vertrag mit dem Betreiber der Tongrube „Höhrer Loch“ zur Beförderung von Tonwagen zum Rheinhafen nach Vallendar.

Kurze Vorgeschichte

Nachdem die Hauptbahnen um den Westerwald herum fertig gestellt waren, regte sich das Bedürfnis, einer Westerwaldbahn wieder. Seit 1845 hatte es Projekte gegeben, den Westerwald in Nord-Südrichtung zu durchqueren, als direkte Verbindung zwischen Köln und Frankfurt. Doch alle diese Projekte scheiterten zum Teil an der Finanzierung oder auch am Misstrauen des Herzogtums Nassau, welches nahezu vom Königreich Preußen umgeben war. Militärische, anstelle von wirtschaftlichen Interessen spielten um diese Zeit eine große Rolle. Im Jahre 1866 wurde das Herzogtum von Preußen annektiert und so gab es wieder ernsthafte Pläne zur Westerwalderschließung.
Dabei war man noch von einer Hauptbahn (oder Vollbahn = zweigleisige Strecke) ausgegangen, wie die bereits
1869 geplante Main-Sieg-Eisenbahn durch die Hessische Ludwigsbahn, welche schließlich doch nicht gebaut wurde. Die Konzession von 1869 wurde vom preußischen Staat verworfen. Konzessionserteilung am 4. Dez. 1873 Eschhofen – Hadamar – Hachenburg - Troisdorf mit einem Abzweig von Hachenburg nach Wissen. Die HLB begann sofort mit den Vorarbeiten auf der geplanten Linie. 
1870 endete die Strecke in Hadamar.
1872
Die Rheinische Eisenbahngesellschaft hatte die Absicht zum Bau einer Zweigbahn von Engers oder Bendorf nach Montabaur und weiter nach Limburg zu bauen. Von einem Punkt dieser Linie sollte eine Abzweigung nach Altenkirchen gebaut werden.
1873
Der Preußische Staat erteilte der Rheinischen Eisenbahngesellschaft am 9. Juni 1873 die Konzession zum Bau der Strecken Bendorf resp. Engers - Montabaur und Anschluß an die Lahnbahn bei Limburg nebst Abzweigung nach Altenkirchen.
Aus der Gesetz-Sammlung für die königlichen preußischen Staaten 1873 Seite 413 Absatz 5e, im Stadtarchiv Montabaur (bei Fuchs wird der 13. Juni genannt) 

Doch der Eisenbahnbau erfolgte nicht, da es Schwierigkeiten mit dem Grunderwerb für die Strecke gab. Den Fehlbetrag von 360.000 Mark an Mehrkosten wollte die RhE nicht aufbringen, sie wich von ihren Kalkulierten Beträgen nicht ab. Der wirtschaftliche Aufschwung nach dem deutsch-französischen Krieg war nur von kurzer Dauer, die Gesellschaft verlor das Interesse am Bahnbau wegen zu erwartender geringerer Einnahmen.
1878
Die fehlenden Mittel konnte der Vorsitzende des Eisenbahnkomites Pfarrer Wilhelm Müller aus Grenzhausen beschaffen. Somit wäre bald mit dem Beginn des Streckenbaues zu rechnen.
1879
hatte die RhE noch nicht mit dem Bahnbau begonnen und wollte in Kürze mit dem Erwerb der restlichen Grundstücke beginnen. Die Verstaatlichung der RhE im Jahre 1880 war dann der Durchbruch für den Bahnbau im Westerwald. Dafür wurde ein neues Planfeststellungsverfahren notwendig, denn die KED = Königliche Eisenbahndirektion zu Köln rrh (rechtsrheinisch) wurde beauftragt diese Strecken nur eingleisig zu errichten.

1881 begannen die Bauarbeiten auf der gesamten Strecke.
Die Bauunternehmer beschäftigten zumeist fremde Arbeiter, unter ihnen Polen, Italiener und Österreicher. Viele von ihnen sind nach dem Bahnbau hier heimisch geworden. Aber auch Einheimische fanden hier ihren Verdienst wie Fuhrleute und die ländliche Bevölkerung mit Schaufel und Karren. Wohnbaracken gaben den fremden Arbeitern Unterkunft. In den Gastwirtschaften in der Nähe der Bahnstrecken wurde deren Lohn gerne gesehen. Allein im Bereich zwischen Bendorf und Grenzau waren 300, später bis zu 900 Arbeiter im Einsatz.
Der Unternehmer im Brexbachtal setzte zum Transport der Erd- und Gesteinsmassen eine Schmalspurbahn ein. Die 6 Tunnels im Brexbachtal wurden schon mittels Sprengungen (Schwarzpulver) hergestellt. Die Tunnelröhren ausgemauert. Zahlreiche kleine Bachbrücken und Viadukte, insgesamt 36, sind erbaut worden.
1884
Nach einer jahrelangen Planungszeit wurde die Brexbachtalbahn am Freitag den 30. Mai 1884 eröffnet. An diesem Tage wurde die gesamte Unterwesterwaldbahn von Engers – Grenzau – Siershahn – Flammersfeld - Altenkirchen (61,07 km lang) Siershahn – Montabaur - Staffel (27,96 km lang) und Grenzau – Höhr (2,41 km lang) dem öffentlichen Verkehr übergeben.
(Eisenbahnen im Westerwald/EK 1996 und Fuchs/Nassuische Annalen Nr.72/1961 S 143-159)

Am 31 Mai schreibt dass Kreisblatt: (Originaltext in der damals üblichen Schreibweise)

Eröffnungsfeier der Westerwaldbahn.
Montabaur, 31. Mai, Das war ein schönes Fest! 
Ich beginne mit diesem Satze, weil alle Vorbedingungen für ein solches zur gestrigen Eröffnung der Westerwalbahn sich erfüllt hatten: Hohe Gäste und Kaiserwetter.
Nachdem der Gemeinderath der in der Mitte der Bahnlinie liegenden Kreisstadt Montabaur pflichtgemäß sich über die zu veranstaltende Feier mit dem Vorsitzenden des Eisenbahncomites, Herrn Dekan Müller zu Grenzhausen, verständigt und die Kunde die Stadt durchflog: Der Herr Oberpräsident, „der Herr Regierungspräsident und der Herr Landesdirektor haben die Einladung angenommen“, da wurden Kränze und Girlanden geflochten, Ehrenpforten erbaut, Vereine mobilisirt etc. Auch die Rheinische Eisenbahn=Direktion hatte auf telegraphische Anfrage die Ausschmückung des Bahnhofs gestattet. Die ersten Züge nach beiden Richtungen um 6 und 7 1/2 Uhr wurden mit Böllerschüssen und dem Hurrah der Bevölkerung von Montabaur begrüßt. Als aber die Zeit herannahte, da die Festgäste mit dem zweiten Zuge ankommen sollten, rüstete sich die Stadt zu festlichem Empfang.
Die militärisch organisirte freiwillige Feuerwehr mit ihren blitzenden Helmen und robusten Uniformen, ihr Musikcorps an der Spitze, der Kriegerverein und der Gesangverein „Mendelssohn Bartholdy“ mit ihren schönen Fahnen zogen in Begleitung einer zweiten Musikkapelle mit dem Gemeinderathe, Behörden und großen Massen von Einwohnern zum Bahnhofe, um die hohen und lieben Gäste würdig zu empfangen. Endlich liefen die Züge ein und der Jubel wollte kein Ende nehmen, als die freundlichen und leutseligen Gestalten des Herrn Oberpräsidenten, des Herrn Regierungspräsidenten mit dem warmen Herzen für unsern armen Westerwald und des Herrn Landesdirektors den Waggons entstiegen. Musik, Böllerschüsse, Hurrahs und Hochs, und wie alle diese Aussprüche der Freude heißen, ohne Ende. Der Gesangverein „Mendelssohn=Bartholdy“ brachte ihnen seinen „Sängergruß“ mit Musikbegleitung entgegen und wie heißen die Namen Aller so da kamen Herr Dekan Müller, Herr Hirsch, Herr Dr. Lieber, Herr Herzog als Vertreter des Herrn Krupp, Herr Amtmann Reiche und Herr Amtmann v. Spillner und zahlreiche Herren von Lahnstein ab, die ganze Linie entlang bis Limburg und Diez.

Sie wurden mit dem Zuge, dem vier Gendarmen als Ehrengeleite voranritten, die Musik der freiwilligen Feuerwehr an der Spitze, dann eine Abtheilung Feuerwehr, der Kriegerverein, der Gesangverein Mendelssohn=Bartholdy, Gemeinderath, Behörden, Bürger und zahllose männliche und weibliche Begleitung, deren Schluß wiederum eine Abtheilung freiwillige Feuerwehr bildete, in die reichgeschmückte Stadt und zum Festessen im „Nassauer Hof“ geführt, um sich von den Strapazen einer weiten und langen Reise zu restauriren. Daß es dabei an passenden und launigen Trinksprüchen nicht fehlte, läßt sich bei der heiteren Feststimmung und dem leckeren Mahle sehr leicht denken.

Den Reigen derselben eröffnete der Herr Oberpräsident, Graf Eulenburg; er betonte, dass man bei solchen Gelegenheiten nicht bloß des Kaisers gedenken, sondern auch den Gedanken der Treue und Hingebung an denselben stets erneuern müsse; donnernde Hochs der Gesellschaft begleiteten seinen Toast. Hieran reihten sich schicklich die Trinksprüche auf die hohen und lieben Gäste und das Eisenbahncomite. Die Herren bedankten sich in beredten Worten und der Herr Regierungspräsident v. Wurmd wurde von häufigen Bravos unterbrochen, da er erklärte, dass ihm die Wahl zwischen den heutigen Festorten Montabaur und Rüdesheim, wo die Zahnradbahn nach dem Nationaldenkmal eröffnet wurde, schwer geworden; dass er sich aber am Ende, zumal er Rüdesheim bei der Einweihung des Nationaldenkmals besucht, diesmal für Montabaur aus Gründen der Nützlichkeit, da es sich um die Hebung eines armen  Landestheils gehandelt, entschieden habe; er brachte ein Hoch auf die Stadt Montabaur aus, das die Herren Gymnasial= und Seminardirektoren erwiderten. Herr Dekan Müller dankte in launig gehaltenem Trinkspruche im Namen des Eisenbahncomites, wobei er einzelne Episoden des Entwicklungsganges in unserer Eisenbahnfrage illustrirte.

Herr Pfarrer Weckerling entrollte ein Bild der Kämpfe, welche die Stadt Montabaur zu bestehen hatte, um ihren Bahnhof nicht über eine halbe Stunde entfernt zu haben, wobei manche tragi=komische Szene vorgeführt wurde.

Die Trinksprüche gipfelten immer wieder in einem Hoch auf die eine oder andere Behörde oder Person, welche die Schwierigkeiten der Westerwaldbahn zu erleichtern bestrebt gewesen war. Herr Dr. Lieber, welcher auch zu ihnen gehörte, erklärte in seiner Bescheidenheit, daß er nur als Abgeordneter seine Pflicht gethan zu haben glaube und erst dann seine diesbezügliche Aufgabe für erledigt halte, wenn auch der Oberwesterwald der Segnungen des Weltverkehrs durch Fertigstellung seiner Bahn theilhaftig geworden sei. Der Ober- und Unterwesterwald seien zwar politisch getrennt, öconomisch aber wegen ihrer gleichartigen klimatischen Verhältnisse untheilbar.

Die Gesellschaft verlegte darauf ihren Festplatz in den Hämmerlein`schen Garten, wo bei Musik, Gesang, Reden und einem Glas Bier der Nachmittag heiter verfloß. Doch, wie alles Schöne seinen Anfang, aber auch sein Ende hat, so nahte allmählich auch wieder die Zeit, wo die Gäste die nöthigen Züge zur Heimkehr aufsuchen mussten. Begleitet von dem Gemeinderathe und der Musik wurden sie zum Bahnhofe geführt und unter Hochs, Heil und Böllerknall ihnen ein herzlicher Abschied zum Danke für die Ehre des Besuchs bereitet. Ein Ball im „Nassauer Hof“ schloß die Feier ab. Kein Unfall trübte das Fest und so hofft die Stadt, dass ihre Gäste mit dem, was eine kleine Stadt zu bieten vermochte, zufrieden sein werden.

Schon während der Bauzeit 1881-1884 fand die Streckenführung durch das Brexbachtal mit 36 Brücken und 7 Tunnels große Beachtung. Die damalige Presse, wie das Kreisblatt des Unterwesterwaldkreises in Montabaur rühmte die kühne Streckenführung vom Rheintale in Engers, hinauf auf steile Westerwaldhöhen. Endlich hatte der Westerwald seine lang ersehnten Bahnanschlüsse erhalten.

1891 Beschreibung einer Bahnfahrt auf der Brexbachstrecke

Nachdem die Lokomotive die rechtsseitige Ebene in einer Länge von 2,8 km. durchlaufen, arbeitet sie sich gleich hinter Sayn nach Durchfahrung des Sayner- 145m Länge, Burg- 117m und Teufelsberg-Tunnels 107 m, das stark – grösstenteils 1:60 – steigende Brexbachthal hinauf. Welch ein Contrast innerhalb weniger Minuten. Eben noch das geräuschvolle Treiben eines regen
Fabrikbetriebs, das Pusten der Dampfmaschinen, die stossweise weisse Dampfwolken in die Luft emporquellen liessen, das aus einiger Entfernung dumpf herübertönende Niederfallen der schweren Eisenhämmer, die mit Rauch geschwängerte Luft, die berussten Hüttengebäude, die geschwärzten Essen, und jetzt empfängt uns die idyllische Natur eines traulich stillen Thales mit ihrem vollen Liebreiz. Die weltentrückte Ruhe bietet wohltuenden Naturgenuss, und die Anmut der Landschaft entzückt all unsere Sinne.

Das tief und steil eingeschnittene Thal des Brexbaches, dessen klare Wellen aus ihren grünen Uferrändern mit plätscherndem kosen zu uns herüber grüssen, bildet bald durch den Bahnbau wilde von kahlen Schieferfelsen starrende Einschnitte, bald erweitert es sich zu kleinen Bergkesseln, in welche bezaubernd schöne Seitenthälchen aus ihrer Weltabgeschiedenheit neugierig hineinlugen. Der Brexbach durchschlängelt in so vielfachen Windungen das enge Thal, dass Tunnels – es folgen noch bis zur Station Grenzau der Mühlberg- 85 m , Grenzau- 111m und Moorsberg 85m Tunnel – Einschnitte und zahlreiche Brücken ununterbrochen mit einander abwechseln und der Strecke von Seiten der Baubeamten den Namen „Viaducten-Bahn“ eintrugen.

In der Nähe der bald erreichten Station Grenzau nach Durchfahren des Mühlberg-Tunnels 226m, erblicken wir zur linken Hand der Bahn – Gruss dir, Romantik – die Trümmer der von Heinrich von Isenburg um 1210 erbauten Burg Grenzau. Der wohlerhaltene dreieckige Bergfried der, soweit uns bekannt, ein Unicum in der Militärarchitectur des Mittelalters ist, schaut aus grüner Waldumgebung gar trutzig auf uns herab.

Im kleinen Bergkessel am östlichen Fusse des die Burgruine tragenden Berges liegt auf der linken Seite der Bahn teilweise den Berg sich herabziehend das Dorf Grenzau (185 Einwohner). Durch den Grenzauer- 111m und Moorsberg-Tunnel 85m gelangen wir nach dem Bahnhof Grenzau, bei welchem die Linie nach Höhr-Grenzhausen abzweigt, die auf einer Länge von 2,4 km langen Strecke zum grössten Teil die Steigung von 1:57 und 1:35 überwindet. Höhr (2606 Einw.), Grenzhausen (1679 Einw.), der Hauptsitz der Westerwälder Thon-Industrie, bietet uns das Bild einer nach langem Stillstand wieder in mächtigem Aufblühen begriffenen Gewerbe- und Fabrikthätigkeit.

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